Rede Listenparteitag

Liebe Vertreterinnen und Vertreter,

 

gestern hat uns ja mein Gatte mitgeteilt, woran er mit wem so Spaß hat ... heute ist das meine Aufgabe. J

 

Ja, ich habe Spaß an der Arbeit in der Landtagsfraktion und das obwohl, oder gerade weil, ich dort als Mitarbeiterin ein Themenfeld bearbeiten darf, dass bis heute in der Landespolitik als „Ansteckbrosche“ und „Sahnehäubchen“ behandelt wird. Mit dem  durch die Landesregierung vorgelegten „Kulturkonzept“, welches diesen Namen überhaupt nicht verdient, hat sich die Degradierung zum „Luxusgut“ für eine vermeintlich kleine Bevölkerungsschicht noch verstärkt. Und ich kann euch sagen, liebe Genossinnen und Genossen – wer mich gut kennt, weiß: das nervt mich.

 

Richard v. Weiszäcker hat einmal sehr eindrucksvoll gesagt: „Substantiell hat die Förderung von Kulturellem nicht weniger eine Pflichtaufgabe des öffentlichen Haushalts zu sein, als zum Beispiel der Straßenbau, die öffentliche Sicherheit oder die Finanzierung der Gehälter im öffentlichen Dienst. Es ist grotesk, dass wir Ausgaben im kulturellen Bereich „Subventionen“ nennen, während kein Mensch auf die Idee käme, die Ausgaben für ein Bahnhofsgebäude oder einen Spielplatz als Subvention zu bezeichnen. Der Ausdruck lenkt uns in eine falsche Richtung. Denn Kultur ist kein Luxus, den wir uns entweder leisten oder nach Belieben streichen können, sondern der geistige Boden, der unsere innere Überlebensfähigkeit sichert.“

 

Und Kultur ist nicht eindimensional. Kultur ist nicht nur Theater und Orchester. Kultur ist nicht nur Museum und Bibliothek. Jede und jeder von uns ist Kultur und nimmt an Kultur teil – auch wenn sie immer Geschmackssache ist!

 

Das mag abstrakt klingen, aber am Beispiel der Kultur- und Kreativwirtschaft – übrigens noch ein Stiefkind dieser Landesregierung – lässt sich das eindrucksvoll beweisen:

 

Wer von euch hört Musik? Wer von euch liest Bücher? Wer sieht Filme? Wer von euch hört Radio? Wer von euch spielt Candy Crush? Ich weiß übrigens ganz genau, dass gerade letzteres einige von euch in diesem Raum tun. Übrigens bräuchte ich mal wieder ein paar Leben! J

 

Die Kultur- und Kreativwirtschaft hat großes wirtschaftliches Potenzial, aber bringt eben auch ein neues Prekariat hervor. 90% der Kreativen sind selbständig und gelten als Kleinstunternehmer – ohne Aussicht auf große Fördertöpfe, ohne soziale Absicherung und vor allem scheinbar ohne Perspektive.

 

Ich weiß, wovon ich rede: nach meinem Studium in Leipzig war ich bis zu Beginn meiner Tätigkeit in der Fraktion vor fast 3 Jahren hauptberuflich „selbständig Kreative“ – unter anderem auch als Schauspielerin und Sprecherin. Also im Bereich der Kreativwirtschaft.

 

Auch im Bereich der kulturellen Bildung war und bin ich noch immer viel unterwegs und ich kenne auch dort die Sorgen und Nöte ... und auch hier das Prekariat, was in diesem Bereich als „unfreiwilliges Ehrenamt“ bezeichnet wird. Denn auch das ist Teil der Wahrheit: Akteure der Kultur kosten ja auch wieder nur Geld und deshalb ist es doch so viel einfacher, wenn sie einfach gleich für umsonst arbeiten. Das bisschen Kultur, das bisschen Umsetzung des Thüringer Bildungsplanes 0 – 10, dass bisschen Erhöhung der Attraktivität einer Region, das bisschen Kompetenzvermittlung für Kinder und Jugendliche  ... dafür braucht’s kein Geld. Dazu reicht euer Idealismus.

 

Nun, vom Idealismus hat sich noch keiner ernähren können und – ihr werdet es ahnen – diese Zustände nerven mich.

 

Liebe Genossinen und Genossen,

 

es gibt viel zu tun und ich möchte aktiv daran mitarbeiten. DIE LINKE ist die einzige Partei in Thüringen und auch darüber hinaus, die Künstlerinnen und Künstler und Kreative überhaupt in ihrer schwierigen Stuation wahrnimmt. Die Grünen wissen sich nicht zu helfen und schreiben lieber gleich alles von uns ab, die SPD beweist mit Minister Matschie, wie es eben nicht geht und die CDU ... nun, die CDU hält die Bratwurst für die höchste kulturelle Errungenschaft.

 

Deshalb: lasst uns diese Kulturbanausen aus der Staatskanzlei fegen und lasst uns die Bedeutung des Wortes Kultur in diesem Land aufleben lassen!

 

Ich bin bereit dazu und bitte euch um euer Vertrauen! Vielen Dank!